Die Australische Sängerin ELA STILES veröffentlichte diese Sommer ein sehr gewagtes A cappella-Solo-Album. Die einstige Bassistin der minimalistischen Jangle-Pop-Band Songs und nachmalige Sängerin der dunklen psychedelischen Drone-Popper Bushwalking hat ein zwar unverschämt kurzes, aber sehr schönes Album aufgenommen, auf dem allein ihre Stimme zu hören ist. Das ist mehr als nur eine musikalische Entscheidung, gilt doch die menschliche Stimme in der abendländischen Metaphysik als unverfälschter Zugang zur Seele und Hort des Authentischen, als das andere der Entfremdung schlechthin – ein Phonozentrismus und ein auf den Gegensatz zur verdinglichenden Schrift abhebendes Feiern der lebendigen Stimme, die ihren prominentesten Kritiker in Jacques Derrida hatten. Doch übt sich Stiles nicht in Intimitätsterror, sondern schafft einen Klangraum, der zwischen zerbrechlichen Folkismen und qua Layering hymnisch flutenden Vokal-Drones changiert, ohne zum Gott des Innerlichkeitsexhibitionismus zu beten.
Anders als Björk stellenweise auf ihrem Medúlla-Album geht es Stiles nicht um den Nachweis, dass sich fast allein mit Hilfe der Stimme Musik erzeugen lässt, der man diesen Entstehungshintergrund so wenig anhört, dass ihre Beats auch aus den Lautsprechern von Modekettenfilialen zu hören sein könnten. Man denkt an: den schwarz schillernden A-cappella-Folk einer Anne Briggs, den zugleich filigranen und kraftvollen ostkirchlichen Sakralgesang der Serbin Divna Ljubojević und die ätherisch-angelischen Seufzer einer Julianna Barwick. (Spex)
In Leverkusen wird Ela singen, begleitet von dem Gitarristen Jensen (Lower Plenty, Deaf Wish).
Junges Theater Leverkusen, Karlstraße 9.
21. November, 20 Uhr, 5 Euro.