Beilage: LEBENSLAUF

 

In der Schule schrieben wir die Verhaltensregeln auf. Ich lernte sie auswendig.

 

Im Büro saß ich und sortierte Menschen in Akten. Ich wußte nicht wozu.

 

Meine Freunde waren plötzlich erwachsen. Ich verstand sie nicht mehr.

 

Die Zeit, die mir auf einmal blieb, blieb unausgefüllt. Ich scheiterte von einem Neuanfang zum Nächsten.

 

Man sagte mir, ich müsse reisen. Ich hatte Flugangst.

 

Auf den Straßen liefen die Menschen blind aneinander vorbei. Ich blieb in meiner Wohnung.

 

Jede Woche schrie sich das Ehepaar im 5. Stock an. Ich hielt meine Tür verschlossen.

 

Im Radio liefen Liebeaufdenerstenblicklieder. Ich zog die Kabel raus.

 

Durchs Fenster starrte ich auf einen weiteren Wohnungskasten. Ich beschloss die Rollläden nicht mehr aufzuziehen.

 

In den Tagesschau’en häuften sich die Toten an. Ich legte mich aufs Bett.

 

Die Decke über mir war dünn und voller Risse. Ich machte das Licht aus.

 

Die verschwommenen Schatten der akkurat gearbeiteten Möbel machten mir Angst. Ich schloß die Augen.

 

Viele Bilder zogen mir durch den Kopf. Ich verdrängte die Erinnerungen.

 

Die Leere, die übrig blieb, ließ sich nicht mehr verdrängen. Ich brachte mich um.

 

 

Ich glaube, ich war nicht „gesellschaftsfähig“.

 

(susanne)